Das 27. Internationale Naturfotofestival der GDT lockte wieder mehrere Tausend Besucher*innen nach Lünen.
Dort erwarteten Sie brilliante Vorträge und Seminare mit hoher Diversität, Preisverleihungen, hochkarätige Ausstellungen, der beliebte Fotomarkt und die sehr geschätzte familiäre Atmosphäre unter Naturfotografie-Begeisterten.
Von Jan Leßmann
Geheimnisvoll und neugierig schaut ein Luchs auf Pinguine, weiße Landschaften und Orang-Utans in Schubkarren. Der Gesamtsieger des Wettbewerbs sitzt leise im Foyer des Heinz-Hilpert-Theaters und beobachtet das Geschehen. Freudig aufgeregte Fotograf*innen sammeln sich in kleinen Gruppen um einzelne Bilder, diskutieren fachkräftig über technische Details, loben die ausgesprochen gute Bildkomposition, doch bemängeln das letzte Quäntchen fehlender Schärfe im Auge des Vogels. Glückwünsche schallen durch die Ausstellung, die sich langsam mit Menschen füllt. Mit einer Brezel in der Hand und dem ersten prickelnden Sekt an den Lippen startet das 27. Naturfotofestival der GDT in Lünen. Ein Festival der Kontraste, Spiegel mehrerer Generationen von Naturfotograf*innen und Highlight für viele naturbegeisterte Menschen.
Am Freitagabend deutet nur noch das kleine neonblaue Hotel-Schild auf ein klassisches Hotel hin, welches sich für dieses Wochenende in ein Bildermeer verwandelt hat. Ein Festival, das unterschiedlichsten Fotograf*innen eine Bühne bietet und die unendlichen Weiten der Naturfotografie an einem Wochenende bündelt. So ist es auch dieses Jahr kein Widerspruch, wenn neben einem klassischen Actionbild eines jagenden Pumas ein minimalistisches, leises Bild von abgestorbenem Rohrkolben hängt. Abgetrennte Großkatzenköpfe haben ihren Platz neben imposanten Landschaften, Reportagen fügen sich in Einzelbilder ein. Es ist nicht verwunderlich, dass Gegensätze aufeinanderprallen und harte Diskussionen über Bildstile und generelle Ansichten über die Naturfotografie auch in diesem Jahr unmittelbar im Raum stehen. Zu gerne echauffieren wir uns über „nichtssagende, langweilige Bilder“, stören uns an „dokumentarischer Action“ oder „Flamingos im Wohnzimmer“.
Doch auch dieses Jahr ist Lünen viel mehr als nur eine Ansammlung von Bildern. Gespräche wechseln im Minutentakt von langweiligem Smalltalk zu angeregter Diskussion über gesellschaftliche Probleme, Zeit fliegt vorbei und lässt kaum Raum für tiefgründige Reflektionen. Erst ein paar Tage später freue ich mich über die Kontraste im Vortragsprogramm, rufe mir Bilder ins Gedächtnis und ziehe Inspiration aus einem intensiven Wochenende. Wo sonst kann ein Projekt über die Verbindung von Geflüchteten und Füchsen in Berlin neben einem klassischen Portrait von niedlichen Jungfüchsen stehen? Zeigt der eine Vortrag noch die gewaltige Schönheit der Natur, geht es im nächsten Vortrag schon um den Schutz der letzten Wildkatzen in Deutschland. Gletscher und Schlittenhunde vermischen sich gedanklich mit angeblitzten Flamingos, springenden Kaninchen zu Guter-Laune-Musik und Wölfen auf Schutthalden.
Mit Freunden schlendere ich durch die Ausstellungen, höre mir Vorträge an und genieße die kritische Auseinandersetzung mit Bildsprache, Ästhetik und Kunst in der Naturfotografie. Wir kritisieren durchaus langweilige Vorträge, finden so manche Ausstellung überaus unpassend zusammengestellt und können die Wahl des Actionbildes zum Publikumspreis nicht verstehen. Gleichzeitig stelle ich mir aber vor, wie meine Lieblinge unter den Bildern und Vorträgen von vielen Besuchern mit den gleichen Argumenten als langweilig abgestempelt werden. Diese Spannung spüre ich das ganze Wochenende, genieße sie und erfreue mich zu später Stunde in der hauseigenen Bar an dieser Vielfalt. Menschen mit konträren Ansichten und Meinungen über Ästhetik, Naturschutz und Politik sitzen an einem Tisch und können herzlich miteinander lachen. Menschen, die sich mit Herzblut für etwas einsetzen, denen vieles nicht egal ist, die für eine Sache stehen und eine Leidenschaft haben, streiten miteinander und ziehen Kraft aus einem Wochenende, in dem es eigentlich nur um Naturfotografie geht.
Die GDT hat in diesen Tagen wieder einmal gezeigt, dass Vielfalt nebeneinander existieren kann und einen Mehrwert bietet. Jasper Doest beendete seinen Vortag mit Bildern eines Vogelschwarms, der wie von Zauberhand geschlossen in eine Richtung fliegt, zusammenarbeitet und als Einheit funktioniert. Eine schöne Metapher für ein Wochenende im Oktober, an dem Menschen aus den verschiedensten Ländern zusammenkommen, diskutieren und ihren Platz im Heiz-Hilpert-Theater finden. Dass am Sonntagabend so viele unterschiedliche Besucher mit einem Lächeln und einer großen Portion Inspiration nach Hause fahren, ist sicherlich auch den vielen ehrenamtlichen Helfer*innen zu verdanken, die ihre Freizeit für ein gemeinsames Wochenende opfern.
Nicht zuletzt sind es aber die kleinen Differenzen und Reibungen, die Lünen auch dieses Jahr wieder zu etwas ganz Besonderem gemacht haben.
Danke!
Fotografinnen und Fotografen aus über 30 Ländern hatten knapp 15.800 Aufnahmen zum Wettbewerb Europäischer Naturfotograf des Jahres 2019 eingereicht. Die internationale Jury mit Magdalena Herrera, Emmanuel Boitier, Richard Peters, Hermann Hirsch und Werner Bollmann wählte daraus 85 hochkarätige Bilder aus. Am Freitagabend, dem 25. Oktober 2019 wurden die SiegerInnen zum Auftakt des Festivals in einer feierlichen Preisverleihung geehrt. Auch der gemeinsam mit dem Tecklenborg Verlag ausgelobte Fritz Pölking Preis und der Fritz Pölking Jugendpreis, die jährlich international für ein fotografisches Projekt vergeben werden, wurden an diesem Abend verliehen.
Die brillianten Semiare und Vorträge waren auch in diesem Jahr ein absoluter Publikumsmagnet.
Frank Leinz (DE) | Landschaftsfotografie & Optimierung mit Filtern | www.facebook.com/frank.leinz |
Jari Peltomäki (FN) | Olympus seminar - Birdphotographer‘s evolution from the black & white film to the mirrorless cameras | www.jaripeltomaki.com |
Radomir Jakubowski (DE) | Mein Canon-Workflow | www.naturfotocamp.de |
Jan van der Greef, GDT (NL) | Jenseits des Einsseins - Ein Brückenschlag zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren | www.janvandergreef.com |
Jon A. Juárez, GDT (ES/DE) | Grenzen überwinden - Eine Geschichte über Füchse, Flüchtlinge und Fotografie | www.joanjuga.com |
Klaus Echle, GDT (DE) | Wildkatzen - Rückkehr in unsere Wälder | www.echle-naturfoto.de |
Ugo Mellone (IT/ES) | Jenseits des Alpenglühens - Naturschutz-Storys aus Patagonien | www.wildphoto.it |
Peter Cairns (GB) | Scotland: The Big Picture - Eine Reise zurück zur Natur | www.petercairnsphotography.com |
RAX Ragnar Axelsson (IS) |
Arktis – Von Gletschern und Menschen | www.rax.is |
GDT-Regionalgruppe Württemberg-Bayern | Wilde Alb – Naturschätze zwischen Felsen, Höhlen und Wasserfällen | www.rg8.gdtfoto.de |
Sergey Gorshkov, GDT (RU) | Wrangel Island | www.facebook.com/gorshkov.photo |
Wenche Dahle (NO) | Im Licht eines Meeres | www.wenchedahle.no |
Jasper Doest (NL) | Ein Hund macht einen Unterschied - Von der Macht des Geschichtenerzählens | www.jasperdoest.com |
Csaba Daróczi (HU) | Gefundene und erfundene Fotos - Wenn du kein Glück hast, sei kreativ! | www.daroczicsaba.hu |
Stefan Christmann, GDT (DE) | Pinguinliebe | www.nature-in-focus.de |
Maurizio Biancarelli, Bruno D'Amicis, Luciano Gaudenzio (IT) |
Ein Land – Tausend Landschaften -Die Bergwelt Italiens aus der Sicht von L’Altro Versante | www.brunodamicis.com www.naturalight.it www.mauriziobiancarelli.net |
Andreas Büttner & Christian-Dietrich Morawitz (beide GDT, DE) | Die Lausitz - Ein Paradies auf den zweiten Blick | www.nature-and-light.de |
Helmut Weller, GDT (DE) | 50 Jahre Naturschutz & Naturfotografie - Mit Naturaufnahmen gegen den weiteren Verlust der Artenvielfalt | www.blickpunktnatur.de |
Sarah Böhm, GDT (DE) | Ausgefuchst - Aus dem Leben einer Fuchsfamilie | www.sarahboehm.de |
Von Giraffen, Unglückshähern, Bergen, Ökosystemen, Naturschönheiten und Füchsen...
Maurizio Biancarelli, Bruno D’Amicis, Luciano Gaudenzio (IT) | L'Altro Versante | www.laltroversante.com |
Florence Dabenoc (FR) | TWIGA | www.florencedabenoc.com |
Jon A. Juarez (ES/DE) | Das Herz der Kaserne – Eine Geschichte von Füchsen, Flüchtlingen und Fotografie | www.joanjuga.com |
BioPhotoContest | Die Ökosysteme der Erde, vorgestellt in den schönsten Bildern dieses internationalen Wettbewerbs | www.biophotocontest.com |
Florian Smit (DE) | Boten des Unglücks | www.floriansmit.com |
naturArt (HU) | Verband ungarischer Naturfotografen | www.naturart.hu |
Das nächste Internationale Naturfotofestival in Lünen wird vom 23. bis zum 25. Oktober 2020 stattfinden.