EUROPÄISCHER NATURFOTOGRAF DES JAHRES 2016

Gesamtsieger - Audun Rikardsen (Norwegen)

Gesamtsieger/Winner 2016: Auden Rikardsen
Ein Atemzug in der Polarnacht
Ein Fjord in der Nähe von Tromsø im nördlichen Norwegen: Es ist Anfang Januar, und während ein Fischtrawler seine Netze einholt, versucht ein Trupp Schwertwale seinen Anteil zu ergattern. Extreme Kälte und hohe Luftfeuchtigkeit erzeugen einen geradezu magisch wirkenden Nebel über dem Meer. Mein Boot, die Kamera und auch ich selbst sind von Eiskristallen überzogen, was das Fotografieren zu einer echten Herausforderung macht. Es vergehen Stunden, bis es mir endlich gelingt, einen Schwertwal beim Luftholen an der Meeresoberfläche im Bild festzuhalten.
Canon EOS-1DX, 2.8/24-70mm, ISO 4000, Blitz Canon 600


Biografie Audun Rikardsen
Audun wuchs in einem kleinen Fischerdorf im Norden Norwegens auf. Seit jeher kann er sich für die nordischen Küsten begeistern, für ihre Kultur und für das Tierleben über und unter der Meeresoberfläche. Er arbeitet als Professor für Biologie an der Universität Tromsø, und um seine freie Zeit so gut wie möglich zu nutzen, entstehen fast alle seine Bilder in der Region. Ursprünglich war er Fischereibiologie, doch heute erforscht er das Verhalten der Wale. Das Interesse für diese Meeressäuger wurde schon früh geweckt, denn sein Großvater arbeitete als Walfänger. Oft verbindet er sein fotografisches Schaffen mit seiner wissenschaftlichen Arbeit und profitiert dabei von seinen Kenntnissen über die regionale Tierwelt und ihren Lebensraum.
Mit seinen fotografischen Projekten möchte Audun die großen Veränderungen innerhalb des marinen Ökosystems seiner Heimat dokumentieren, die sich seit einigen Jahren während der Wintermonate abspielen. Um die Vorgänge über und unter Wasser gleichermaßen darstellen zu können, hat er ein spezielles Kamerasystem entwickelt, das das Fotografieren unter den schlechten Lichtbedingungen des Polarwinters erlaubt, inklusive eines speziellen Unterwassergehäuses und leistungsstarker Blitze. www.audunrikardsen.com

Kategorie 1: Vögel

Die oft faszinierende Fortpflanzung der Vögel , die Dynamik des Vogelzuges, der oftmals dramatische Kampf um Nahrung, bizarre Formen und prächtige Farben sowie die Eleganz des Fluges sollen in den Bildern dieser Kategorie zum Ausdruck kommen.

Kategorie 2: Säugetiere

Vom Feldhamster bis zum Elefanten, vom Blauwal bis zur Fledermaus – die Welt der Säugetiere ist bunt und facettenreich. Gefragt sind Bilder, die das Wesen dieser Tiere zum Ausdruck bringen, von ihrem Verhalten erzählen oder sie in ihrem natürlichen Lebensraum zeigen.

Kategorie 3: Andere Tiere

Aussehen und Lebensgewohnheiten von Reptilien, Amphibien, Insekten, Spinnen und Weichtieren sind oft spektakulär. Bilder, die den Blick auf den Charakter und die Schönheit dieser Tiere lenken, sind hier gefragt.

Kategorie 4: Pflanzen und Pilze

Diese Kategorie möchte den Blick des Betrachters sowohl auf die Schönheit und Ästhetik von Pflanzen und Pilzen, als auch auf ihre Anpassungen an den Lebensraum lenken. Hier werden Bilder gesucht, die z. B. mit Licht und den Mitteln moderner Bildgestaltung spielen.

Kategorie 5: Landschaften

Von der Kulturlandschaft vor unserer Haustür bis hin zu entlegenen Regionen der Welt, vom Detail bis zu großen Übersichten der Lebensräume, von Wetterphänomenen bis zu der gestaltenden Kraft von Wind und Wasser reichen die Themen dieser Rubrik.

Kategorie 6: Unter Wasser

Der blaue Planet – 71% seiner Oberfläche sind von Wasser bedeckt. Meere, Flüsse und Seen beherbergen eine unendliche Fülle von Leben. Diese Kategorie gibt uns einen Einblick in eine verborgene Welt, mit ihren Tieren, Pflanzen und Lebensräumen, im Süß- wie im Salzwasser.

Kategorie 7: Mensch und Natur

Der Mensch greift auf vielfältige Weise in die Natur ein. Bildbeispiele für solche Eingriffe sind das Thema dieser Kategorie. Fotografien, die aufrütteln, nachdenklich stimmen, überraschen oder einfach nur zum Schmunzeln anregen.

Kategorie 8: Atelier Natur

In diese Kategorie gehören Bilder, die sich mit Farben und Formen der Natur über das rein Gegenständliche hinaus beschäftigen. Hier kann der Fotograf seine Sichtweise, sein ästhetisches Empfinden und seine fotografische Experimentierfreudigkeit zum Ausdruck bringen.

Kategorie: Jugend bis 14 Jahre

In dieser Kategorie werden Jugendliche in den Altersklassen „bis 14 Jahre“ und „15 bis 17 Jahre“ eingeladen, ihre besten fünf Naturfotos thematisch ungebunden einzureichen (sie brauchen sich NICHT an die vorgegebenen Kategorien zu halten).

Kategorie: Jugend 15 - 17 Jahre

Geleitwort - Europäischer Naturfotograf des Jahres 2016

Vorwort

In diesem Jahr jährt sich der Wettbewerb Europäischer Naturfotograf des Jahres bereits zum 16. Mal. In diesem Zeitraum ist die Zahl der eingereichten Fotografien stetig gestiegen – fast 18.000 Bilder aus 38 Ländern sind es dieses Mal. Dies macht den Wettbewerb zu einem mittlerweile fest etablierten Bestandteil der Amateur- und Profifotografie in Europa. Dies vollkommen zu Recht: Wie auch in den vorangegangenen Jahren zeigen die prämierten Motive erneut die Exzellenz europäischer Naturfotografie. Die ausgewählten Bilder sind vielfach überraschend, ästhetisch ausgesprochen wirksam, poetisch und bisweilen auch amüsant. Ohne Zuhilfenahme von Bildmanipulationen verdeutlichen sie die Einzigartigkeit und darin liegende Schönheit der Natur. Vor allem aber haben sie eines gemeinsam: sie berühren ihre Betrachter und fördern so das Bewusstsein für die Natur. Sie schaffen es, allein mit den Mitteln der Fotografie den Naturschutzgedanken zu unterstützen.

Das Bild des Gesamtsiegers des Wettbewerbs, Audun Rikardsen aus Norwegen, zeigt ein klassisches Motiv der Naturfotografie. Zu sehen ist ein luftholender Großer Schwertwal oder Orca an der Wasseroberfläche an einem dunklen, sehr kalten Morgen. Audun Rikardsen gelang eine sehr poetische, geheimnisvolle Aufnahme, die dieses vertraute Motiv der Naturfotografie in einem interessanten Widerspruch darstellt: es wirkt stark und düster, aber auch verletzlich. Das Bild weckt das Interesse für eine genauere Betrachtung, Neugier, mehr zu entdecken und regt Gedanken und Fantasie an. Dabei spiegelt diese Fotografie auch die tatsächliche Situation der Schwertwale wider: Zwar gilt der Schwertwal als sogenannter Spitzenprädator global betrachtet nicht als gefährdet, jedoch leiden einzelne Populationen an starken Bestandseinbußen. Noch besorgniserregender stellt sich die Lage für viele andere Meeresbewohner dar. Zahlreiche Arten sind inzwischen selten geworden, bedroht oder in ihrem Bestand deutlich zurückgegangen. Wesentliche Gründe dafür sind die Fischerei, der Klimawandel sowie die Nähr- und Schadstoffeinträge in die Meere. Um den Lebensraum Meer besser zu schützen, ist ein nachhaltiger Ausgleich zwischen Schutz und Nutzung notwendig. Das Bundesamt für Naturschutz weist daher seit Jahrzehnten auf die Bedeutung des Schutzes der Meere hin und engagiert sich hier national und international. Weitere Akteure wie die Naturfotografinnen und -fotografen, deren Bilder oft mehr ausdrücken als viele Worte, sind dabei auch für uns wichtige Partner, um dieses Anliegen zu transportieren. Doch nun möchte ich Sie einladen, die besten Aufnahmen des diesjährigen Wettbewerbs zu bestaunen. Lassen Sie sich wieder einmal von den außergewöhnlichen Bildern berühren und mitnehmen in die Vielfalt und Einzigartigkeit der Natur. Ich wünsche Ihnen, dass die prämierten Naturfotos Sie dazu anregen, die Natur in Ihrem täglichen Umfeld wieder stärker wahrzunehmen und würde mich freuen, wenn Sie für sich Wege finden, zum Schutz der Natur beizutragen.


Prof. Dr. Beate Jessel
Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz

Kommentar der Jury

>>> zur Jury


von Theo Bosboom

Was für eine Freude und auch Ehre, als Mitglied der Jury zum Wettbewerb „GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres 2016“ berufen zu werden! Eine Ehre, weil dieser Wettbewerb einer der bedeutendsten der Welt ist, was aus meiner Sicht daraus resultiert, dass er immer wieder derjenige mit den spannendsten Resultaten ist, und mit einer langen Tradition innovativer und kreativer Naturfotografie aufwarten kann. Und eine Ehre auch deshalb, weil meine Jury-Kollegen – Alex Mustard, Peter Cairns, Cornelius Nelo und Guillaume Billy – allesamt erfahrene und renommierte Fotografen sind, deren Werdegang ich schon seit vielen Jahren verfolge. Eine Freude war es, weil es unglaublich inspirierend ist, so viele gute Naturbilder zu sehen – die Qualität der Einsendungen scheint sich von Jahr zu Jahr immer noch zu steigern. Aber das Beste an diesem langen Wochenende war die Art und Weise, wie unsere Zusammenarbeit als Juroren funktionierte.

Obwohl unsere Gruppe auf den ersten Blick nicht sehr abwechslungsreich wirkte – fünf männliche Fotografen, alle aus den nördlichen Ländern Europas – waren unsere fotografischen Geschmäcker und Ansichten doch erfreulich verschieden. Jeder von uns hatte seine Favoriten, die er unbedingt in der Endauswahl sehen wollte. Aber zugleich hörte sich jeder bereitwillig die leidenschaftlichen und überzeugenden Argumente der anderen an. Es war gelebte Demokratie, die zum endgültigen Ergebnis führte. Immer standen Idealismus und Überzeugungskraft im Vordergrund, niemals der Wille, sich um seiner selbst Willen durchzusetzen. Trotz aller Diskussionen waren wir uns völlig einig, was die Wahl des Gesamtsiegers betraf, und auch über die Qualität der finalen Auswahl herrschte größtmögliche Einigkeit.

Rund 18.000 Bilder wurden in diesem Jahr eingesandt, ein neuer Rekord, der die Bedeutung des Wettbewerbs unterstreicht. Doch was macht ein Bild aus, das es bei solcher Konkurrenz über alle Stadien der Jurierung hinweg bis unter die letzten 81 schafft? Die bei solchen Einsendungszahlen unbedingt notwendige Vorjury wurde in diesem Jahr von uns Jury-Mitgliedern durchgeführt, zuhause am eigenen Rechner, ohne dass die Meinung anderer eine Rolle spielte. Effizienz ist in diesem Falle unbedingt notwendig, wenn es darum geht, innerhalb weniger Sekunden per Knopfdruck darüber zu entscheiden, ob ein Bild weiterkommt oder nicht. Das mag zunächst unfair erscheinen gegenüber den teilnehmenden Fotografen, die ihre Bilder mit viel Liebe gemacht und mit großem Aufwand eingesandt haben, aber wenn es letztlich um die Frage geht, ob ein Bild im Vergleich zu anderen das Potential zum Siegerbild hat, findet man die herausragenden Arbeiten recht schnell. Wir wurden im Vorfeld angehalten, in dieser ersten Runde sehr großzügig zu sein, und uns im Zweifel eher für als gegen ein Bild zu entscheiden, woran wir uns auch gerne gehalten haben. Und da wir Jurymitglieder alle selbst regelmäßig an Fotowettbewerben teilnehmen, sei allen Einsendern versichert, dass wir uns der Verantwortung unserer Entscheidungen immer bewusst waren.

Die zweite Phase der Jurierung fand dann für die Dauer von drei Tagen in Potsdam statt. Zu diesem Zeitpunkt waren noch Tausende von Bildern im Rennen, alle von hoher Qualität und technisch überwiegend einwandfrei. Jetzt galt es, Originalität und besondere fotografische Herangehensweisen zu beurteilen. Als Mitglied der Jury ist es dann schön, überrascht zu werden, und wenn ein Motiv erscheint, das man so noch nicht gesehen hat, ist man eher bereit, dafür zu stimmen. Nun ist es ja so, dass Naturfotografen bestimmte Tierarten oder Landschaften bevorzugt bearbeiten und dabei – bewusst oder unbewusst – zu Nachahmern von bereits Gesehenem werden. Nicht unbedingt der beste Weg, um erfolgreich zu sein, obwohl es jedes Jahr Aufnahmen von ikonischen Landschaften oder Tieren ins Finale schaffen, etwa wenn sie eine neue Seite eines Motivs beleuchten oder wenn es der Fotograf geschafft hat, das qualitative Level seiner Vorgänger zu überbieten.

Als die finale Phase der Jurierung erreicht war, wurden alle verbleibenden Bilder in der RAW-Kontrolle auf digitale Manipulation hin untersucht, wobei wir auch andere Formen möglicher Beeinflussung, etwa beim Verhalten von Tieren, intensiv diskutierten. Leider ergab diese Kontrolle, dass viele vermeintlich herausragende Bilder nicht mit den Regeln dieses Wettbewerbs vereinbar waren, was insbesondere in den Fällen ärgerlich war, in denen das unmanipulierte Bild sogar besser gewesen wäre als die Fälschung. Wie bereits zuvor erwähnt, war sich die Jury von Anfang an einig, was die Wahl des Gesamtsiegers anbelangte. Es ist ein außergewöhnliches Bild, das unsere Aufmerksamkeit vom ersten Augenblick an erregte. Man könnte sagen, ein Bild, das alles in sich vereint: eine großartige Stimmung, eine charismatische Tierart und das perfekte Gefühl für den richtigen Moment. Darüber hinaus ist es innovativ, gibt es uns doch einen neuartigen Einblick in das Leben der Schwertwale während der eisigen Polarnacht, und es entstand unter extrem schwierigen Bedingungen durch den gezielten Einsatz von künstlichem Licht bei Ausnutzung aller Möglichkeiten, die ein modernes Kamerasystem zu bieten hat. Diese seltene Kombination positiver Faktoren machte es für uns als Jury absolut unwiderstehlich, und so wurde Audun Rikardsen aus Norwegen mit seinem Bild „Ein Atemzug in der Polarnacht“ zum Gesamtsieger des Wettbewerbs  Europäischer Naturfotograf 2016.

Im Namen der Jury,
Theo Bosboom

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