Im Rahmen unseres jährlichen Wettbewerbs Europäischer Naturfotograf des Jahres (ENJ) werden mit dem Rewilding Europe Award herausragende Bilder ausgezeichnet, die die Wiederbelebung der wilden Natur in Europa durch die Maßnahmen des Rewildings zeigen und zugleich dessen Ziele widerspiegeln: der Natur den Raum und die Zeit zu geben, sich aus eigener Kraft zu erholen. Dieser Award fördert Fotografien, die über die reine Ästhetik hinausgehen und die Vision der Rewilding-Bewegung von einem Europa unterstützen, in dem Mensch und Natur nicht nur nebeneinander existieren, sondern gemeinsam gedeihen.
„Der Rewilding Europe Award ist mehr als nur ein Fotopreis“, sagt Laurien Holtjer, Direktorin für Öffentlichkeitsarbeit bei Rewilding Europe. „Er bietet die Möglichkeit, Menschen mit der Rewilding-Bewegung in Kontakt zu bringen und zu praktischen Rewilding-Maßnahmen zu inspirieren. Diese Bilder zeigen uns, was möglich ist, wenn wir Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur ergreifen, damit sie sich anschließend wieder voll entfalten kann. Sie sind ein Zeugnis für die Widerstandsfähigkeit unserer Wildnis und ein Aufruf zum Handeln für eine wildere, vitalere Zukunft.“
Die preisgekrönten Bilder in diesem Jahr wurden von einer Jury ausgewählt, der Laurien Holtjer und der renommierte Naturfotograf Neil Aldridge angehörten. Weiterhin gehörten dieser Jury auch alle Mitglieder der ENJ-Jury an: Alexa Keefe, Senior Photo Editor bei National Geographic, der Tierfotograf und Podcaster Matt Maran, die Meeresfotografin Rachael Talibart, der GDT-Präsident Stephan Fürnrohr und der Fotojournalist Marcus Westberg.
Iberischer Luchs
Das Bild zeigt einen Iberischen Luchs (Lynx pardinus) mit einem gerade erbeuteten Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) in der spanischen Sierra de Andújar. Der iberische Luchs gehört zu den Tierarten, die ein erfolgreiches Comeback erlebt haben. Vom Tiefpunkt, als es nur noch 96 Exemplare auf der Welt gab, die alle in Spanien lebten, ist die Population inzwischen auf mindestens 2000 Exemplare angewachsen und die Tiere haben sich auch in Portugal ausgebreitet. Die Rückkehr des Luchses ist das Ergebnis strenger Jagdregeln, der Nachzucht in Gefangenschaft, der Wiederansiedlung und der Sicherstellung einer großen und gesunden Kaninchenpopulation in den für den Luchs wichtigen Gebieten. Künstliche Wildwechsel, vor allem in Form von Tunneln unter den Straßen, haben außerdem zu einem Rückgang der verkehrsbedingten Tötungen geführt. Dieses Exemplar wurde aus einem Ansitz auf dem Land einer spanischen Familie fotografiert, für die der Luchs auch ein Wirtschaftsfaktor ist, der Arbeitsplätze und Einkommen generiert.
Sony Alpha 1, 2.8/400mm, Stativ, ISO 3200
Huchen-Habitat
Ein Paar des Huchens (Hucho hucho), auch „Donaulachs“ genannt, steht über der Laichgrube, die das Weibchen zuvor in das Kiesbett geschlagen hat. Es überhaupt bis hierher zu schaffen, ist für den Huchen keine Selbstverständlichkeit. Denn auf seiner Wanderung ins Laichgebiet ist er auf Barrierefreiheit angewiesen. Unüberwindbare Wehranlagen stellen allerdings nur eine von vielen Gefährdungsursachen dar. Umso schöner ist es, dass natürliche Flussabschnitte wie hier an der Pielach in Österreich noch existieren.
Canon R5, 4.0/14-35mm, ISO 640, Stativ, Polfilter, Funk-Fernauslöser
Hoffnung für den Fluss der Zukunft
Nach Jahrzehnten zeigt das Zuchtprogramm für den Europäischen Stör (Acipenser sturio) erste Erfolge, und die Nachkommen werden nun in den Rhein entlassen. Die Auswilderung solcher ehemals weit verbreiteter Fischarten gibt uns Hoffnung. Warum sonst sollten wir diese Tiere erhalten, wenn nicht in der Hoffnung, dass unsere Flüsse in Zukunft wieder Heimat für ehemals ausgerottete Fischarten sein werden?
Canon EOS R5C, 4.0/8-15mm, ISO 1000, Nauticam UW-Gehäuse, Keldan UW-Videoleuchte
Die Saat der Hoffnung
Ein Meeresbiologe vom Project Seagrass sammelt Seegrassamen (Zostera marina) in Porthdinllaen in Nordwales im Rahmen von Seagrass Ocean Rescue, einer Partnerschaft von WWF-UK und Sky Ocean Rescue. Diese Samen wurden zur Vermehrung an die Universität Swansea geschickt, bevor sie vor der Küste von Dale in Pembrokeshire im Rahmen der größten Seegraswiederansiedlung im Vereinigten Königreich, bei der eine Million Pflanzen eingesetzt werden sollen, ausgepflanzt werden. Weltweit sind viele Seegraswiesen aufgrund menschlicher Einflüsse – wie Wasserverschmutzung, Schifffahrt und Klimawandel – verloren gegangen, so dass jetzt Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diesen wichtigen Lebensraum für die Zukunft zu retten. Seegras, eine der wenigen im Meer lebenden Blütenpflanzen, spielt eine äußerst wichtige Rolle in marinen Ökosystemen, da es große Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre absorbiert und sowohl Lebensraum wie auch Kinderstube für eine Vielzahl von Meerestieren ist, darunter bedrohte Arten wie das Seepferdchen und kommerziell wichtige Arten wie Kabeljau und Seelachs.
Nikon D7200, 3.5-4.5/10-17mm Fisheye, Nauticam UW-Gehäuse, 2 Inon UW-Blitze, ISO 400
König des Ostens
Dieses Bild zeigt einen der vielen wieder angesiedelten Wisente (Bison bonasus) im polnischen Bialowieza-Nationalpark, nahe der Grenze zu Weißrussland. 1927 wurde der letzte frei lebende Wisent im Kaukasus erschossen, so dass die Art in Europa in freier Wildbahn als ausgestorben galt. Mit Hilfe einer kleinen Gruppe von Tieren, die aus zoologischen Gärten und privater Haltung stammten, konnte der Wisent vor dem Aussterben bewahrt werden. 2023 lebten in ganz Europa wieder etwa 7200 Individuen. Die Zersiedlung der Lebensräume und die geringe genetische Vielfalt innerhalb der Population stellen aber bis heute eine Herausforderung für das Überleben dieser Art dar.
Nikon D810, 2.8/400mm, 2x Konverter, ISO 800