Schattenläufer
Das Bild zeigt den Schatten eines Fuchses, der auf seinem nächtlichen Pirschgang durch meinen Garten schnürt. Um das städtische Umfeld einzubeziehen, hatte ich die Kamera so hoch positioniert, dass auch das benachbarte Haus in die Komposition einbezogen werden konnte, und mit einer 30-sekündigen Belichtungszeit gelang es mir, zusätzlich die Sterne am Nachthimmel abzubilden.
Das Licht im oberen Stock des Nachbarhauses hatte ich gar nicht eingeplant, aber es unterstreicht sehr schön den Kontext zwischen tierischem und menschlichem Leben in der Stadt. Die Kamera wurde ausgelöst, als der Fuchs durch eine Lichtschranke lief.
Nikon D810, 3.5-4.5/18-35mm, ISO 1250, Stativ, Blitz SB-800, Camtraptions PIR Bewegungssensor
Richard Peters Interesse an Tieren begann in frühester Kindheit, geweckt durch zahllose Naturdokumentationen, die im Fernsehen ausgestrahlt wurden. Obwohl er bereits in seiner Jugend eine künstlerische Ader entwickelte, entdeckte er die Fotografie erst relativ spät, mit fast zwanzig, als er einen Urlaub in Kanada verbrachte. Seine erste Kamera war eine simple Sucherkamera, mit der er alles und jeden in seiner Umgebung fotografierte. Doch bald spürte er, dass er mehr Einfluss auf die Entstehung seiner Bilder haben wollte. Nach Großbritannien zurückgekehrt, lieh er sich von einem Freund eine Nikon Spiegelreflexkamera und brachte sich selbst bei, welche Zusammenhänge zwischen Belichtungszeit, Blende und Filmempfindlichkeit bestehen. Und auch, wie man kreativ mit Schärfentiefe arbeiten kann.
Im Laufe der nächsten Jahre experimentierte Richard mit vielen verschiedenen Sujets, doch seine große Liebe gehörte weiterhin den Tieren. Auf die manuelle Kamera folgte eine halbautomatische, und schließlich, 2004, die erste Digitalkamera. Doch nicht nur die Ausrüstung verbesserte sich stetig, auch Richards Leidenschaft für die Fotografie wurde mit der Zeit immer größer. Er verbrachte immer mehr Zeit hinter der Kamera, und arbeitete daran, seine technischen Fertigkeiten und seinen Stil zu verbessern und zu verfeinern. Licht wurde für ihn immer bedeutsamer, wichtiger oft als das eigentliche Motiv.
Richard Peters geht zwar gerne auf Reisen mit exotischen Zielen wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet, doch er arbeitet auch ausgesprochen gerne mit der Natur in seinem näheren Umfeld. Seit einigen Jahren werden viele seiner Bilder veröffentlicht und in internationalen Wettbewerben prämiert. Wenn er nicht gerade fotografiert, hat er große Freude daran, über seine fotografischen Erfahrungen zu schreiben, und seine Beiträge erscheinen regelmäßig in renommierten britischen Fotozeitschriften.
Um für sich neue Wege zu beschreiten und neue Techniken auszuprobieren, hat er vor kurzem ein Langzeitprojekt über das nächtliche Tierleben in seinem Garten begonnen. Die Arbeit mit Blitz und Kamerafalle stellte dabei eine besondere Herausforderung für ihn dar, der er sich nur allzu gerne stellte. Sein Bild „Schattenläufer“ ist Teil dieses Fotoprojektes.
Mit nahezu 17.300 Einsendungen aus 36 europäischen Ländern verzeichnet der diesjährige Wettbewerb „GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres“ einen neuen Teilnahme-Rekord, der das große Ansehen des Wettbewerbs unterstreicht. Die preisgekrönten Motive zeigen einmal wieder die außergewöhnliche Qualität der europäischen Naturfotografie. Gleichzeitig schärfen die authentischen und ästhetisch ansprechenden Bilder das Bewusstsein für die Natur in ihrer Einmaligkeit und Schönheit und werben darüber hinaus für einen respektvollen Umgang mit ihr. Angesichts anhaltender Bedrohungen der biologischen Vielfalt sind solche Bilder, die - ohne dass es vieler Erläuterungen bedarf - Assoziationen, Gefühle und Emotionen auslösen, von großer Bedeutung.
Schatten und Silhouetten stechen in diesem Jahr bei den Gewinnern in den einzelnen Kategorien hervor - so auch beim Siegerfoto des diesjährigen Europäischen Naturfotografen. Er heißt Richard Peters und stammt aus Großbritannien. Sein Bild zeigt den schemenhaften Umriss eines Fuchses vor einer urbanen Kulisse bei Einbruch der Dunkelheit.
Der Fuchs steht dabei stellvertretend für viele weitere europäische Tierarten, die unsere kontinuierlich wachsenden Städte als neuen Lebensraum erobern. Fuchs, Wildschwein und Co. finden in Siedlungsgebieten zunehmend bessere Lebensbedingungen vor als in den oftmals ausgeräumten Kulturlandschaften des Umlandes. Nirgendwo sonst finden Wildtiere so viele unterschiedliche Biotope auf so engem Raum vor wie in der Stadt. Und genau dies führt zu einer im Vergleich zur umgebenden Landschaft oft erstaunlich hohen Artenvielfalt. Die Stadt ist aber auch Lebensraum des Menschen und deshalb gilt es die Verknüpfung von urbanem Naturschutz und Stadtentwicklung künftig noch stärker in den Blick zunehmen. Das Bundesamt für Naturschutz setzt sich daher für Naturerfahrungsräume in den Städten ein, die Mensch und Natur gleichermaßen zugutekommen, und unterstützt Aktivitäten wie das bundesweite Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“.
Die „Landflucht“ gelingt aber längst nicht allen Arten, die auf ungestörte Naturräume oder eine reich strukturierte Landschaft angewiesen sind. Schutz und Entwicklung echter Wildnis und vielfältiger Kulturlandschaften bleiben daher weiterhin wichtige Ziele des Naturschutzes. Lassen Sie sich beim Blättern durch diesen Katalog oder beim Rundgang durch die Ausstellung von den einzigartigen Aufnahmen der besten Naturfotografen Europas und dem Facettenreichtum unserer Natur faszinieren. Gleichzeitig lade ich Sie dazu ein, sich von den prämierten Bildern inspirieren zu lassen, die fragile Schönheit der Natur auf die eine oder andere Weise zu erhalten.
Prof. Dr. Beate Jessel
Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz