Ich denke es gibt in unseren Reihen nicht viele Fotografen/-inen, die in ihrem bisherigen Leben nicht mindestens einmal das Flugzeug benutzt haben, um an eine fotografische Traumdestination zu kommen. Dass nach so einem Flug die eigene CO2-Bilanz ziemlich übel aussieht wissen wir. Dass der Eisbär, den wir während dieser Reise auf Spitzbergen fotografiert haben, von den Folgen dieses Fluges noch viel eher betroffen ist, als wir selbst, wissen wir auch. Doch was tun? Nicht mehr zu den Eisbären fliegen? Aber dann machen alle anderen die tollen Fotos und ich muss mich in der Heimat mit Wildschweinen und Tauben abgeben. Ohne mich!
Oder vielleicht doch? Dass vor der eigenen Haustür viele spannende Geschichten darauf warten erzählt zu werden, hat der Gewinner des Fritz-Pölking-Preises, Karsten Mosebach, im letzten Jahr eindrucksvoll gezeigt. Falls es dann doch mal gar nicht anders geht, der Winterblues einen so richtig im Griff hat und nur 2 Wochen tropische Sonne eine Besserung versprechen, kann man mitlerweile bei diversen Anbietern sein Gewissen reinwaschen. Aber wie funktioniert das und bringt es wirklich etwas?
Unser Gastautor Andreas Moers hat dazu einen kurzen Erfahrungsbericht geschrieben und ist im letzten Familenurlaub "CO2 neutral" verreist. Viel Spaß beim lesen!
Ein Gastbeitrag von Andreas Moers
Das Thema CO2 neutral verreisen bewegt mich aktuell sehr. Zeit zu beichten: Ende Dezember bin ich mit Frau und Tochter nach Teneriffa in die Sonne geflogen! Ein Desaster für unsere CO2 Bilanz. Mit diesen beiden Flügen á drei Personen haben wir unseren gesamten Jahresverbrauch verdoppelt. Da gibt es leider auch nix zu beschönigen. Flugreisen sind – neben Kreuzfahrten – aus Klimasicht der schlimmste Luxus, den wir uns gönnen können. Da kann es auch nur als Verteidigungsreflex gelten, wenn ich aufzählen würde, wie sehr wir in allen übrigen Bereichen unseres Lebens darauf achten, unnötigen Müll, CO2 Verbrauch, etc. zu vermeiden. Die Sonne hat uns aber auch aus dem „Winterblues“ heraus geholfen und daher suche ich nach Lösungen für diesen Konflikt.
Bei meiner Recherche zum Thema CO2 neutral verreisen bin ich auf das Angebot von Atmosfair gestoßen. Hierbei handelt es sich um eine NGO, die sich selbst als „Klimaschutzorganisation mit Schwerpunkt Reise bezeichnet“. Denn: Für den Flugverkehr gibt es derzeit noch keine technische Lösung wie problemfreie Biotreibstoffe, oder das Null-Emissions-Flugzeug. Wie es heute schon das Bahnticket mit erneuerbaren Energien gibt, im Strombereich kleine Wasserkraft oder Windräder, so wird es in der Flugzeugindustrie aber irgendwann die erneuerbare Lösung geben, vielleicht das solare Wasserstoffflugzeug. Solange es diese Lösung nicht gibt, und solange auf der gewünschten Strecke keine klimafreundlichere Alternative vorhanden ist, können Flugpassagiere mit atmosfair die Klimagase ihrer Flugreise kompensieren.
Dies geschieht durch die Förderung von Projekten rund um den Globus, die dazu dienen, den weltweiten CO² Ausstoß zu reduzieren. Zu diesen Projekten gehören neben den „üblichen Verdächtigen“, also Wind- und Solarenergieprojekte auch Maßnahmen in den Entwicklungsländern, die nicht nur den CO² Ausstoß verringern, sondern dort Arbeitsplätze in nachhaltigen Berufen schaffen. Neben prominenten Schirmherren aus der Politik gehören auch viele bekannte Musiker, Schauspieler und Sportler zu den Unterstützern von Atmosfair. So kompensieren beispielsweise Die Ärzte und Die Toten Hosen die gesamte CO² Last durch ihre Konzerte mittels Atmosfair. Schade, dass man nicht mehr in den großen Medien darüber hört.
Rechenbeispiel
Die Höhe einer Kompensationszahlung sei hier am Beispiel unseres Urlaubs einmal vorgerechnet: Gefolgen sind wir zu dritt von Köln/Bonn nach Teneriffa (Süd). Diese Daten werden dann einfach in die Eingabemaske auf der Webseite eingegeben. Ein paar optionale Ergänzungen wie Klasse und – wenn bekannt – der genaue Flugzeugtyp können noch hinzugefügt werden. Das sieht dann folgendermaßen aus:
Danach geht es per Weiter-Button zur nächsten Seite, wo man zwischen Unterschiedlichen Airlines wählen kann oder einfach den Durchschnittswert wählt. Zusätzlich bekommt man auf dieser Seite nicht nur den CO² Ausstoß für die eigene Reise angezeigt, sondern erhält auch Vergleichsangaben. Dazu gehört etwa der durchschnittlichen CO²-Jahreswert eines Menschen aus Indien. Oder der jährliche CO²-Ausstoß eines Mittelklassewagens (Achtung: Die Jahresfahrleistung scheint mir mit 12.000 km etwas niedrig gewählt). Am interessantesten dürfte das „Klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen“ sein. Wie man sieht, haben wir mit dieser einen Reise (Hin- und Rückweg) über 60% unseres verträglichen Jahresbudgets verbraucht. Was man auch sieht, ist mit wie vergleichsweise wenig Geld (98 €) man das verbrauchte CO² kompensieren kann.
Per Klick auf den Weiter-Button gelangt man zu einem Warenkorb, wie er mittlerweile Standard bei allen online-Anbietern ist und kann mit unterschiedlichen Zahlungsoptionen die Ausgleichszahlung schnell und vor allem unkompliziert abwickeln.
Kompensation kann das Klimaproblem nicht dauerhaft lösen, weil sie nichts an den eigentlichen CO₂-Quellen ändert. Sie ist aber solange zumindest als zweitbeste Lösung notwendig, wie CO2 neutral verreisen noch nicht möglich ist. Es liegt beim einzelnen Flugpassagier, die wichtigen Schritte vor der Kompensation zu prüfen: Manchmal kann ich eine Flugreise z.B. durch eine Videokonferenz ersetzen oder einen langen Urlaub statt zwei kürzeren buchen, und ich kann mit atmosfair herausfinden, welche Fluggesellschaft am klimaeffizientesten unterwegs ist.
Neben der Möglichkeit, Flugreisen zu kompensieren, kann man übrigens auch Kreuzfahrten, Veranstaltungen sowie eine beliebige Menge X an CO² auf der Webseite durchrechnen und Ausgleichen.
Für den Sommer haben wir uns jedenfalls schon einen Alternativplan zum Fliegen überlegt. Wir werden mit der Bahn verreisen. Damit haben wir schon vor zwei Jahren mit dem Thalys von Köln nach Paris sehr gute Erfahrungen gesammelt. Das Reiseziel steht allerdings noch nicht fest. Es wird wohl Richtung Süden gehen. Ich werde hier von unseren Erfahrungen berichten, wenn wir zurück sind. Interessant wird für mich auf jeden Fall der Vergleich des CO² Ausstoßes. Über die Zahlen für das Bahnfahren habe ich ja in einem früheren Artikel schon mal berichtet.
Gar keine Frage: wer zuhause bleibt, macht am Meisten für das Klima. Wer das nicht will, kann oder aus dienstlichen oder gesundheitlichen Gründen sogar muss, für den gibt es zumindest eine Kompensationsmöglichkeit. Gegen den reinen Winterblues helfen natürlich auch Vitamin D in Tablettenform sowieso ein Gang ins Solarium. Die Entscheidung liegt bei Euch.
Andreas Moers
Weitere Beiträge von Andreas findet ihr auf seinem Blog! ;)
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1 KOMMENTAR
Vielen Dank für diese informativen und wichtigen Beitrag!