Wie Ihr sicher alle wisst, gibt es in der GDT „diese Vollmitgliedschaft“. Der ursprüngliche Gedanke darin war, dass sich in der GDT nur Naturfotograf*innen oberhalb eines gewissen technischen und künstlerischen Levels organisieren sollen, infolgedessen uns bis heute stellenweise immer noch der Nimbus eines elitären Zirkels anhaftet.
Für alle, die eine Vollmitgliedschaft nicht anstrebten (oder erreichten) blieb als einziger Weg in die GDT, sich als „Fördermitglied“ anzumelden – ein Status mit erheblichen Einschränkungen – beispielsweise ohne aktives und passives Wahlrecht.
Nun ist der Gang der meisten elitären Dinge, dass sie sich über die Zeit hinweg öffnen. Auch die GDT hat ihre Mitgliedschaft über die Jahre hinweg deutlich modernisiert. Inzwischen sind ausdrücklich alle Freundinnen und Freunde der Naturfotografie als Mitglieder (ohne den Zusatz “Förder-“) ganz herzlich willkommen – weil man erkannt hat, dass auch Nicht-Vollmitglieder eine deutlich höhere Wertschätzung verdienen. Daneben hat sich natürlich auch bei uns die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein mitgliederstärkerer Verein einfach mehr Gewicht bei der Verfolgung seiner satzungsgemäßen Ziele in die Waagschale werfen kann. Gleichzeitig haben wir jedoch den fotografischen Wert der Vollmitgliedschaft als „Exzellenz-Emblem“ für die Fotografinnen und Fotografen erhalten, in dem wir an der geforderten Qualität der Bilder nach wie vor keine Abstriche machen.
Verbliebene Privilegien der Vollmitgliedschaft sind das passive Wahlrecht (also das Recht, sich z.B. in ein Vorstandsamt wählen zu lassen) – und das Recht, bei Veröffentlichungen ein „(GDT)“ als Appendix im Namen zu tragen. Über letzteres freuen wir uns immer ganz besonders, wenn wir es sehen – stellt es doch auch einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt für unseren Verein dar.
Nun stellen sich viele von Euch vermutlich die Frage, wie das mit der Vollmitgliedschaft-Bewerbung in der Praxis so abläuft. Was passiert mit den eingereichten Bildern? Wer bekommt sie zu Gesicht? Mit den folgenden Zeilen möchte ich gerne etwas Transparenz in diesen Prozess bringen.
Zunächst ein kleiner Ausflug in der Vergangenheit. Vor wenigen Jahren noch, war der Prozess der Vollmitgliedschaft-Bewerbung sehr „manuell“, d. h. von vielen einzelnen Handgriffen durchzogen. Die Bilder kamen auf Papier, später dann parallel digital. Früher wie heute werden die Bilder einem kleinen Gremium zur Begutachtung vorgelegt. Das lief über vielfältige Wege, denn abgesehen von reinen Papierbewerbungen, die bei den gelegentlich bei Vorstandssitzungen in gemeinsamer Runde besprochen wurden, gingen die anderen Bewerbungen auf eine Rundreise. Über CDs, später die Dropbox gelangten die Bilder zu den Juror*innen. Parallel dazu wurden die Ergebnisse in Excel-Tabellen eingetragen, die ebenfalls zwischen den Juror*innen umhergereicht wurden.
Eines der jeweiligen Vorstandsmitglieder war meist für die Dauer der Wahlperiode damit betraut, den Prozess zu koordinieren, als Ansprechpartner für die Bewerber*innen zu fungieren und die Korrespondenz (Zusagen/Absagen) zu erledigen. Eines der Ergebnisse dieser noch etwas unstrukturierten Vorgehensweise war es, dass parallel zum Anstieg der Bewerbungen die Bearbeitungsdauer immer länger wurde – denn damals setze sich das Bewertungsgremium ausschließlich aus Vorstandsmitgliedern zusammen, die sich dazu bereit erklärt hatten – und die im Normalfall zeitlich sowieso schon an der Zumutbarkeitsgrenze für ein Ehrenamt agieren. Der Satz „Ich hab noch ein paar Bewerbungen für Dich“ weckte da oft nicht die allergrößte Freude.
Zwischenzeitlich haben wir für die Bewertung ein vierköpfiges, zuverlässig geschmackssicheres und fachkundiges Gremium, das nicht nur aus Vorstandsmitgliedern besteht. Parallel dazu haben wir den gesamten Prozess neu strukturiert und komplett digitalisiert.
Zunächst zum Bewertungsgremium. Es besteht derzeit aus Joachim Wimmer, Klaus Tamm, Radomir Jakubowski und Sebastian Vogel. Sebastian hat im Vorstand die Aufsicht, Koordination und Korrespondenz bezüglich der Bewerbungen inne, wofür ich ihm an dieser Stelle ein großes Dankeschön sagen möchte! Und auch den Juroren gebührt Dank für Ihre Arbeit, die sie stets mit Akribie und Einfühlungsvermögen erledigen.
Durchaus berechtigt ist die Frage, warum das Bewertungsgremium derzeit rein männlich besetzt ist. Wir haben sie uns kürzlich auch gestellt, und können zumindest so viel sagen: wir arbeiten dran! Mit etwas Fortune können wir eventuell in der nächsten Zeit hier auch Prüferinnen vorstellen um somit der Diversität unserer Mitglieder Rechnung tragen.
Sebastian hat übrigens dankenswerterweise zu verschiedenen Aspekten des Bewerbungsprozesses Informationen direkt aus der Praxis beigesteuert, ich habe sie in Form von Zitaten eingeflochten.
Wie schon erwähnt, läuft der gesamte Prozess inzwischen 100 % digital – Papiereinsendungen können wir im Sinne einer zumutbaren Bearbeitungszeit nicht mehr akzeptieren. Ich habe mich mit 2 Kolleginnen aus meiner Firma (danke: Olga für die Programmierung und Magdalena für die Gestaltung) dran gesetzt, quasi im Rahmen meines Ehrenamts für die GDT ein neues Online-Tool für die Website zu schaffen.
Wer sich in den letzten 2 Jahren beworben hat, ist dabei unweigerlich auf unser neues Upload-Formular gestoßen. Dort könnt Ihr Eure Bewerbung vorbereiten und sie, sobald Ihr fertig seid, einreichen.
„Die Umstellung hat viele Prozesse rund um die Bewerbungen um ein Vielfaches erleichtert und vor allem beschleunigt. Kein lästiges Downloaden und Entpacken der ZIP-Dateien, das anschließende Versenden an das Bewertungsgremium, sowie das finale Zusammentragen und Auswerten der Bewertungsbögen. Fast all diese Arbeitsschritte entfallen und vereinfachen den Ablauf der Bewerbungen.
Nach Prüfung (Haustier-Kollektion oder andere themenfremde Bilder?) und Freigabe der Bewerbung hat die Jury direkt Zugriff auf die Bewerbungsbilder, kann diese parallel online bewerten und in den meisten Fällen geht dies recht zügig. Der zeitliche Aufwand war nach der alten Offline-Methode um ein Vielfaches höher und die Zeitersparnis liegt etwa bei 50 Prozent für jedes einzelne Mitglied der Jury. In den meisten Fällen ist die Bewerbung nach 2 bis 3 Wochen bewertet und zur finalen Beurteilung bereit.
Das Zusammentragen der einzelnen Kritiken, die Punktevergabe der einzelnen Bilder ist bei dem Bewerbungsprozess noch der größte Faktor was den zeitlichen Rahmen angeht, jedoch auch dieser hat durch den Online Prozess eine Zeitersparnis von etwa 30 Prozent. Die sofort verfügbare und zum auswerten nötige Excel-Tabelle ist sofort abrufbar, sehr übersichtlich und erleichtert die Arbeit enorm.“ (Sebastian Vogel)
Bei der Bewertung der einzelnen Bilder gibt es übrigens 3 Stufen:
„Abgelehnt“ (kein Punkt)
„knapp angenommen“ (ein halber Punkt)
„angenommen“ (ein Punkt)
Die Hürde zur Erlangung der Vollmitgliedschaft liegt bei einem Gesamt-Schnitt von 12 Punkten (früher: 10 Punkte).
„Generell kann man sagen, dass es auf keinen Fall länger als 3 Monate dauert, bis eine Bewerbung abgeschlossen ist. Im Durchschnitt sind es etwa, grob geschätzt, 6 bis 8 Wochen bis eine Bewerbung final beurteilt ist. Die Wartezeit hängt natürlich im Wesentlichen von mir persönlich ab und ich möchte ungern eine Bewerbung unzureichend abschließen, sofern es sich um eine Ablehnung handelt. Hier möchte ich versuchen den Bewerbern*innen ein klares Bild zu verschaffen, warum es nicht zur Aufnahme als Vollmitglied gereicht hat, und für die hoffentlich nächste Bewerbung ein paar Infos mit auf den Weg geben.
Wenn man den gesamten online-Bewerbungsprozess mit der alten Methode vergleicht, hat man eine um etwa 4 Wochen verkürzte Laufzeit. Dies kann man natürlich noch optimieren, jedoch hängt dieser Faktor von der mir zur Verfügung stehenden Zeit ab.“ (Sebastian Vogel)
A propos Ablehnung – dieser wohnt immer auch die Einladung inne, es mit einem Jahr Pause noch mal zu versuchen. Es gehört zu den schönsten Anekdoten der GDT Vollmitgliedschaft, welche unserer exponiertesten Fotograf*innen mit ihrer ersten Bewerbung scheiterten.
„Tendenziell muss man auch in Betracht ziehen, dass viele Bewerbungen zu früh eingereicht werden. Oftmals sind diese völlig unzureichend, haben keine Chance auf eine Annahme und kosten viel Zeit, was die Auswertung und Ablehnungsschreiben angeht. Hier kann man nur appellieren, die jeweils zuständigen Regionalgruppenleiter oder erfahrene Fotografen aufzusuchen, um im Vorfeld eine neutrale Beurteilung der eigenen Bilder zu bekommen. Dies hilft oftmals, einen kritischeren Blick auf sein eigenes Schaffen zu bekommen, und das ein oder andere Bild zu hinterfragen. Vor allem ist es kein Wettbewerb, in die GDT einzutreten, um dann schnellstmöglich Vollmitglied zu werden. Lieber etwas länger warten, sich mehr Zeit für die Motive zu nehmen, dann klappt es auch mit einer erfolgreichen Bewerbung.
Werden viele dieser oben genannten Faktoren berücksichtigt, steht einer erfolgreichen Bewerbung nichts im Wege und das Bewertungsgremium freut sich über ein tolles Portfolio.
Was auch immer wieder schade ist, dass nur wenige die Möglichkeit nutzen, eine abgelehnte Bewerbung intensiv zu besprechen. Es besteht die Möglichkeit dies per Mail, oder telefonisch wahrzunehmen. Jedoch kommt oft nicht einmal eine Rückmeldung, wenn man das Ergebnis erhalten hat. Die persönliche Enttäuschung kann man natürlich nachvollziehen, jedoch sollte man nach vorne schauen und die Kritik hilft ja auch oftmals weiter.
Was man aber immer mit auf den Wegen geben kann, egal ob Voll- oder normales Mitglied: Wir alle haben gemeinsam, dass wir die Natur in vollen Zügen genießen, einem großartigen Verein angehören und die Leidenschaft für Fotografie innehaben. Ob nun immer ein gutes Bild auf unseren Touren herauskommt, wahrscheinlich nicht. Viel wichtiger ist ohnehin, das Erlebnis und die Zeit in der Natur zu genießen.“ (Sebastian Vogel)
Dem ist nichts hinzuzufügen! :-)
Ich hoffe, unsere Ausschweifung hat für Euch etwas Licht in diesen sagenumwobenen Prozess gebracht. Falls nicht, freuen wir uns über Eure Fragen – ansonsten freuen wir uns umso mehr auf Eure Bewerbung!
Die Übersicht der aktuell laufenden Bewerbungen.
Im Bewertungsbildschirm stehen den Juroren einblendbare Zusatzinfos sowie eine Lupe zur Beurteilung der technischen Qualität zur Verfügung.
Eine Bewerbung, die unsere Juroren begeistert hat! Nicht immer ist sich das Team so einig, oft ist das Ergebnis aber ziemlich klar.
Die andere Seite des Bewertungsspielraums - hier ist definitiv noch Luft nach oben.
3 KOMMENTARE
Hallo und vielen Dank für die Erklärung zur Vollmitgliedschaft!
Es ist sehr verständlich und sachlich erklärt.
Danke und Gruß
Stephan
Hallo und vielen Dank für die ausführlichen Beschreibungen.
Gibt es denn Beispiele, was ein "gutes" oder "schlechtes" Foto ist? Ich meine damit jetzt nicht die klassischen Themen wie falsch/richtig belichtet, fokussiert usw. Das versteht sich von selbst.
Danke für die ausführliche Beschreibung des Weges zur Vollmitgliedschaft.
Die hat auf der Seite wahrlich gefehlt!
Jetzt heißt es allen Mut zusammennehmen und den Antrag stellen ... ;-)
Gruß
Bernd Rückheim